Gudrun Edhofer: “Die Digitalisierung ist die Zukunft.”

#unterrichtseinsatz

09. Jän. 2023 10 Minuten

Stimmen aus der Praxis


Interview von Karl Marquardt. Das Gespräch wurde am 30. August 2022 geführt.


Gudrun_Edhofer

STUDYLY: Liebe Gudrun, an was für einer Schule arbeitest du denn?

GUDRUN: Ich unterrichte am erzbischöflichen Gymnasium in Hollabrunn, eine Langform, erste bis achte Klasse und generell ein Realgymnasium.

STUDYLY: Und wer ist da eure Klientel? Kannst du über das ein bisschen was erzählen?

GUDRUN: Ja, ländlich, sittlich, normal. Wir haben das Einzugsgebiet eher westliches Weinviertel.

STUDYLY: Wie lange verwendest du Studyly schon und mit welchen Klassen?

GUDRUN: Ich habe vor ungefähr drei oder vier Jahren begonnen Studyly auszuprobieren, da hatte ich eine Maturaklasse und bin auf das Programm aufmerksam gemacht worden und habe das mit der Klasse ausprobiert, quasi als Versuchskaninchen. Das hat denen damals recht getaugt, vor allem diese ganzen Typ-1-Aufgaben mit diesem Ankreuzeln. Da waren, glaube ich, die Erklärungen noch nicht ganz so ausführlich, wie sie es jetzt sind, und auch noch nicht mit so vielen Beispielen. Aber die Tatsache, dass einmal die Grundkompetenz-Beispiele alle gesammelt waren und die Klasse das üben konnte, das hat ihnen ziemlich getaugt. Das waren auch noch Klassen, die mit dem neuen Prüfungsformat noch nicht so lange geübt haben. Das war noch nicht so Gang und Gäbe und da hat ihnen Studyly schon sehr geholfen. Ich habe eigentlich erst in der fünften Klasse, also in der Oberstufe, gezielt angefangen, mit der Klasse auch auf diese Prüfungsformate hinzuarbeiten und noch nicht in der Unterstufe, weil es damals einfach auch noch nicht so üblich war. Heuer habe ich eine zweite und eine dritte Klasse in Mathe und habe da bereits jetzt angefangen, Zuordnungsaufgaben zu üben, ab der 1. Klasse, langsam, da kommen immer wieder mal ein paar Ankreuzelaufgaben.

STUDYLY: Was ist für dich denn der Mehrwert im Vergleich zum klassischen, bestellten Schulbuch?

GUDRUN: Zum Beispiel dass die Schüler*innen das Schulbuch in Studyly nicht angeschmiert haben und vor der Schularbeit damit üben können. Von dem her werde ich es sicher heuer in der zweiten und dritten Klasse verwenden. Was ihnen auch sehr getaugt hat, waren die Challenges, wo man diese Orbs sammeln kann, da haben sich doch ein paar Schüler*innen gebattelt. Es waren noch nicht sehr viele, aber das lag daran, weil ich es zu wenig forciert und gekannt habe, da das ja nur bei der Schülerversion zu sehen ist. Aber das hat ihnen wirklich sehr gut gefallen.

STUDYLY: Dahinter steckt das Belohnungssystem, mit dem sie sich neue Kleidungsstücke und so weiter für ihren Avatar kaufen können. Das taugt wahrscheinlich gerade auch den Kids in dem Alter sehr.

GUDRUN: Vor allem waren da lustigerweise zwei Buben, die sich gematcht haben. Das war echt cool. „Hast du schon? Nein, habe ich noch nicht. Warte, ich muss noch. Ja, warte, nein, ich jetzt. Ah, ich habe dich geschlagen.“ Also es war wirklich super.

STUDYLY: Haben die dann freiwillig diese täglichen Challenges absolviert?

GUDRUN: Ich habe da überhaupt nichts gesagt dazu. Sie haben nur gefragt: „Was ist das?“ Ich habe gesagt: „Weiß ich nicht, habe ich mir noch nicht angeschaut.“ Sie sind aber trotzdem von alleine total darauf angesprungen.

STUDYLY: Digitalisierung ist für dich ein großes Thema. Wie hat die Digitalisierung im Bildungssektor deinen Unterricht verändert? Und was ist vielleicht auch unveränderlich?

GUDRUN: Ich bin auf der einen Seite ein sehr digital affiner Mensch, ich arbeite seit zehn Jahren mit digitalen Tools im Unterricht. Bevor ich auf OneNote gestoßen bin, habe ich mit einem anderen Tool gearbeitet. Ich unterrichte seit 25 Jahren mehr oder weniger denselben Stoff und muss meine Vorbereitungen trotz der digitalen Erweiterung nicht umschreiben. Das, was ich früher an die Tafel geschrieben habe, schreibe ich halt jetzt auf das iPad und projiziere es über den Beamer an die Wand. Natürlich hat man jetzt mehr Spielereien in den Tools integriert, aber generell musste ich meinen Unterricht nicht komplett umdrehen. Und den Vorteil, den ich damals schon gesehen habe, ist, dass ich jederzeit nachschauen kann: Was habe ich in der letzten Stunde gemacht? Aber auch die Schüler können nachschauen und das ist für mich der extrem wertvolle Aspekt vom Digitalen.

Auf der anderen Seite brauche ich aber nach wie vor ein Buch in der Hand, denn wenn ich was schnell nachschauen möchte, ist mir das Schulbuch in der Hand hundert Mal lieber als wenn ich digital herumblättere und wische, bis ich wo hinkomme. Das heißt, ich brauche beide Varianten. Ich brauche die Variante digitales Schulbuch zum Arbeiten für die Schule mit Screenshots oder sonstigen Features, aber gleichzeitig daneben auch das haptische Buch. Mein Kollege Kurt Söser (HAK Steyr) hat dieses herrliche Wort verwendet: phygital. Das heißt also physisch und digital, also physical and digital, phygital.

Und das ist genau das, was mich auch ausmacht. Das Digitale ist immer eine Erweiterung und eine zusätzliche Möglichkeit des Unterrichtens. Ich sage nicht: entweder ganz oder überhaupt nicht; oder das eine ist gut, das andere ist schlecht. Es gehört die Mischung dazu. Und das ist auch, was ich bei den Schülern umsetzen möchte. In Mathematik müssen sie bei mir – auch in der Oberstufe – nach wie vor ein Heft haben, in das sie hineinschreiben. Und für mich ist das Digitale – egal jetzt ob Studyly oder andere Angebote – eine Erweiterung und eine weitere Möglichkeit, dass die Schüler auch mehr üben können.

STUDYLY: Studyly School sieht sich in diesem Sinne ja auf keinen Fall als Konkurrenz zu den Schulbüchern. Wir verstehen die Plattform als Erweiterung zu den Schulbüchern.

GUDRUN: Genau. Und das ist aber ein Problem, das ich manchmal sehe, nämlich dass die digitalen Möglichkeiten nicht als Erweiterung, sondern als zusätzliche Belastung verstanden werden. Ich rede mir hier oft den Mund fusselig, weil ich hier aufklären möchte, dass zum Beispiel nicht jede Hausübung über Studyly gegeben werden muss, sondern genau dann, wenn es passt. Und gerade bei den Ankreuzelaufgaben ist das praktisch, da braucht man ja nichts zu korrigieren. Natürlich, man muss sich in jedes Programm einmal gescheit einarbeiten, das braucht Zeit, das ist völlig klar. Aber Studyly ist auch wirklich einfach zu handhaben.

STUDYLY: Zurück zu deinen Schüler*innen: Wir haben versucht, Studyly so zu konzipieren, dass es möglichst motivierend ist und die Kids lang bei der Stange hält. Klappt das bei deinen Schüler*innen? Was nimmst du in Sachen Motivation so wahr bei der Verwendung von Studyly?

GUDRUN: Das kann ich jetzt insofern ein bisschen schwer beantworten, weil ich das als Lehrerin bisher zu wenig konsequent eingesetzt habe. Aber ich kann schon sagen, dass sie sich jedes Mal gefreut haben, wenn ich ein Beispiel bei Studyly aufgegeben habe. Ich denke, dass man die Schüler*innen bei regelmäßigem Einsatz gut bei der Stange halten kann.

STUDYLY: Du bist ja im Microsoft Innovative Educator Expert (MIEE)-Netzwerk sehr aktiv, hast also einschlägige Erfahrungen im Bereich Digitalisierung und Lernapps aufzuweisen. Welchen Spielraum für Lernapps siehst du im Unterricht?

GUDRUN: Ich durfte mal einen Vortrag halten, mit dem Titel: „Es gibt für jedes Fach eine App“. Also zum Beispiel zu sagen „Nein, ich habe Religion, da gibt es keine App“, das spielt es nicht. Ich habe mir damals die Mühe gemacht, für jedes Fach eine App herauszusuchen. Und wenn man sich mit diesem Thema wirklich ernsthaft beschäftigt, findet man mehr als genug Apps. Wenn manche von vornherein schon die Einstellung haben: „Das ist ein Blödsinn, das brauche ich nicht“, kann ich auch gegen eine Wand reden. Ich versuche immer wieder Lehrer an Bord zu holen und zu überzeugen, dass sie es sich einfach anschauen und ausprobieren sollen. Also prinzipiell gibt es für jedes Fach mehr als genug Apps auf dem Markt, wirklich für jede Variante, Größe, Form, Schwierigkeitsgrad. Man muss sich halt nur einmal ein bisschen damit auseinandersetzen. Lassen sich Lehrer auf diese Welt ein, sehen sie meistens auch wirklich die Vorteile von digitalen Erweiterungen des Unterrichts.

Bemerkung hierzu: Wussten Sie bereits, dass Studyly vom BMBWF mit dem “Gütesiegel Lern-Apps” ausgezeichnet wurde? Somit ist nicht nur garantiert, dass “eigenverantwortliches, interessengeleitetes Lernen unterstützt” wird, sondern auch, dass Studyly DSGVO-konform und werbefrei ist.

STUDYLY: Gibt es denn Ratschläge, die sich aus deiner Tätigkeit ergeben und die du Kolleg*innen mit auf den Weg geben kannst?

GUDRUN: Ich habe immer gesagt: „Leute, ihr dürft jetzt nicht schauen, was kann das Programm“, sondern: „Was will ich für meinen Unterricht? Und wie kann das Programm mich dabei unterstützen?“ Also ihr dürft das Pferd nicht von hinten aufzäumen, sondern ihr müsst sagen: „Ich will jetzt ein Quiz machen. Mit welchem Tool mache ich das am besten?“ Ich habe immer betont, dass diese Tools – egal, ob das jetzt eben von Google ist oder von Apple oder von Microsoft – für ihren Unterricht passen müssen und nicht umgekehrt. Und dann wird das Leben schlicht und ergreifend leichter. Sicher, der Anfang ist manchmal mühsam, weil man sich halt einarbeiten muss. Aber wenn es rennt, dann rennt das wirklich.

STUDYLY: Nochmal zurück zu Studyly und deinem Unterricht. Hast du die Quiz-Funktion schon mal probiert?

GUDRUN: Noch nicht. Das ist das Nächste, was ich jetzt angehen möchte, das steht ganz oben auf meiner Agenda.

STUDYLY: Und wie gefällt dir die Hausübungsfunktion?

GUDRUN: Cool. Absolut cool. Erstens sieht man, wie lange die Schüler gebraucht haben. Zweitens, wann sie es gemacht haben, wie viel sie schon gemacht haben. Das finde ich super. Wobei das für mich aber schon eher Kennzahlen sind, die ich einfach nur für mich nehme, um zu schauen, wo sie lange gebraucht haben und wo Schwierigkeiten aufgetreten sind. Aber das ist teilweise schon interessant, dass manche die Hausübung in drei Minuten runtergeklickt haben und auch ein bisschen zu sehen, wie die Schüler*innen arbeiten. Also so drei Tage vorher oder zwei Minuten vor der Stunde.

STUDYLY: Gibt es denn sonst noch was, das du den Kolleg*innen da draußen mit auf dem Weg noch geben möchtest zu Studyly und Lernapps im Allgemeinen?

GUDRUN: Naja, für mich ist immer das Wichtigste: Neugierig bleiben, mit offenen Augen durch die Welt gehen, schauen, wo gibt es Fortbildungen. Auf der PH wird sehr viel angeboten. Es gibt bei Microsoft und Mac so viele Sachen, wo man sich kostenlos anmelden kann. Man braucht nur ein Microsoft-Konto oder halt ein Schulkonto. Und dort gibt es hunderttausende Vorlagen, Unterrichtseinheiten über sämtliche Fächer.

Die Digitalisierung ist die Zukunft. Je früher die Kinder sich damit auseinandersetzen und sie damit arbeiten müssen, desto leichter tun sie sich dann nachher im Berufsleben. Auch wenn sie jetzt vielleicht zum Beispiel mit Mathe nicht viel zu tun haben, aber der Umgang mit digitalen Geräten muss schlicht und ergreifend zur Selbstverständlichkeit werden. Natürlich immer mit dem Hintergedanken: Wie verwende ich sie? Was kann ich machen? Was soll ich oder soll ich nicht machen? Und je mehr man da die Schüler aktuell darauf hintrainiert und sensibilisiert, desto leichter werden sie es später dann einmal haben. Die Digitalisierung soll keine Entweder-oder-, sondern eine Sowohl-als-auch-Sache sein. Und das ist, finde ich, nach wie vor das Wichtige.

STUDYLY: Na gut, für die Kolleg*innen: Die Augen offen halten, neugierig bleiben, das sind schöne Abschlussworte. Ich danke dir sehr für diese Einblicke und für die vielen motivierenden Worte!

GUDRUN: Herzlichen Dank für das Interview, hat mir viel Spaß gemacht.

Gudrun Edhofer (49) ist seit 1998 Lehrerin für Mathematik und Geschichte am EBGYM Hollabrunn. Sie ist Microsoft Innovative Educator (MIE) Fellow und Expert, hält außerdem Vorträge sowie Workshops rund um OneNote & Co und besucht auf ihren Reisen immer wieder Lehrer*innenkollegen aus dem MIEE-Netzwerk.